Pferdeeinstellvertrag – Pferdepensionsvertrag
Zwei Entscheidungen zu den einzuhaltenden Kündigungsfristen beim Pferdepensionsvertrag: AG Osnabrück vom 17.06.2009 und AG Grünstadt vom 22.07.2010:
Die beiden Amtsgerichte klassifizieren den Pferdepensionsvertrag abweichend der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte (z.B. Schleswig-Holsteinisches OLG Urteil v. 23.03.2000; Brandenburgisches OLG Urteil v. 28.06.2006; OLG Karlsruhe Urteil v. 02.12.1993), wonach der Pferdepensionsvertrag ein Verwahrungsvertrag gem. §§ 688 ff BGB ist, als typengemischten Vertrag sui generis. Die Abweichung von der überwiegenden Rechtsprechung begründet das AG Grünstadt damit, dass im von ihm zu entscheidenden Fall nicht die Verwahrungs- und Obhutspflichten im Vordergrund stünden. Vielmehr seien im vorliegenden Pferdepensionsvertrag gleichwertig verschiedene Leistungen aus vier Vertragstypen geschuldet.
Der Pferdepensionsvertrag enthält nach dem AG Grünstadt Elemente des:
– Mietvertrags (Vermietung der Box sowie Bereitstellung der Anlageneinrichtung)
– Dienstvertrags (Füttern u.s.w.)
– Verwahrungsvertrags ( Verwahrung und Aufbewahrung, sowie Übernahme der Obhut, Fütterung sowei Lieferung von Einstreu als geschuldete Erhaltungsmaßnahmen)
– Kaufvertrags (Sukzessivlieferung von Heu/Stroh/Futter/Wasser)
Obwohl die vom AG Grünstadt zitierten vertraglichen Elemente aus Dienst- (Werk-) und Kaufvertrag genau die Leistungen sind, die die Rechtsprechung dazu bewegt haben, den Pferdepensionsvertrag als entgeltlichen Verwahrungsvertrag einzustufen, weil eben diese Elemente als Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen des Verwahrungsvertrages angesehen werden, nimmt das AG einen Vertrag sui generis (eigener Art) an und wendet für die Beurteilung der anzuwendenden Kündigungsfristen § 314 BGB i.V.m. den AGB des zu prüfenden Pferdepensionsvertrages an.
Im konkreten Fall bedeutete dies:
§ 4 des Pferdepensionsvertrages regelte die Voraussetzungen des wichtigen Grundes, bei dessen Vorliegen nach § 314 Abs. 1 BGB das Dauerschuldverhältnis außerordentlich gekündigt werden kann. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Das AG deutete die Kündigung somit in eine ordentliche um, für die Beurteilung der damit einzuhaltenden Kündigungsfrist bezieht sich das AG dann aber nicht auf die Regelungen des Pferdepensionsvertrages, wonach bei einer ordentlichen Kündigung eine Frist von drei Monaten einzuhalten war. Diese Regelung hält auch das AG Grünstadt gem. § 307 II Nr.1 BGB für unwirksam, weil diese Klausel zu Lasten der Pferdeeinstellerin von der gesetzlichen Regelung abweiche.
Als gesetzliche Regelung bezüglich der Kündigungsfristen bildete das AG Grünstadt wie schon zuvor das AG Osnabrück einen Mittelwert aus den Kündigungsfristen, der einzelnen Vertragstypen und ermittelte somit eine einzuhaltende Kündigungsfrist von zwei Monaten.
In beiden Fällen mussten die beklagten Pferdeeinsteller nach „außerordentlicher“ Kündigung noch zwei Monate „Stallmiete“ abzüglich eines Anteils für ersparte Aufwendungen von ca. 1/3 der vereinbarten Vergütung zahlen.
Fazit: Trotz einheitlicher Rechtsprechung zeigen diese beiden Entscheidungen, dass für die Beurteilung der Rechtsnatur des Pferdepensionsvertrages und damit verbunden vertragliche Pflichten und Kündigungsfristen grundsätzlich der Einzelfall entscheidet.
Die Argumentation des AG Grünstadt ist nicht überzeugend, denn diese Auffassung zugrundegelegt, wären diejenigen Kündigungsfristen des Vertragstyps einzuhalten, dessen Leistung betroffen ist. Ein Rückgriff auf die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts ist nicht notwendig.
Trotz gegenteiliger Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte ist die Entwicklung der Rechtsprechung diesbezüglich zu beobachten.
Grundsätzlich ist die Klassifikation des Pferdepensionsvertrages als Vertrag sui generis zu begrüßen und bei der Gestaltung der AGB von Pferdeeinstellverträgen zu berücksichtigen.