Sachmangel beim Pferd, Ersatzlieferung durch den Pferdehändler, Rückabwicklung Pferdekaufvertrag

Pferdekaufrecht für informierte ReiterInnen:

Weit verbreitet ist die Vorstellung: „Kaufe ich als Privater ein Pferd beim Pferdehändler oder auch beim Züchter, kann ich den Kaufvertrag rückabwickeln, wenn das Pferd mangelhaft ist und sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten zeigt.“

Bilden wir einen Fall:
Eine Mutter ist auf der Suche nach einem Reitpony für ihre talentierte 12 jährige Tochter, mit ihrem jetzigen Reitpony ist sie erfolgreich in A-Dressuren unterwegs. Das jetzige Pony ist schon 14 Jahre alt und für den Einsatz in L-Dressuren nicht gut genug, außerdem soll die kleine Schwester es in E-Dressuren vorstellen würde. Deshalb wendet sich die Mutter an den Pferdehändler ihres Vertrauens, mit der Bitte ein Reitpony zu suchen, das schon erfolgreich in L-Dressuren war, es soll zwischen 9 und 11 Jahren alt, brav und von einem Mädchen zu reiten sein. Ihre Preisvorstellung liegt bei bis 11.000 €.
Der Pferdehändler verkauft mehrere Reitponys der gewünschten Qualität in dieser Preisklasse, er hat einen guten Ruf. Mutter und Tochter lassen sich vier Ponys zeigen, drei reitet die Tochter. Ihnen gefallen zwei der drei ausprobierten Ponys gut. Ein Ponywallach ist 10 Jahre alt, kostet 10.000 € der andere Wallach ist neun Jahre alt und kostet 11.000 €. Sie fahren danach noch einmal zum Probereiten der beiden Ponys. Das Bild bleibt unverändert, T kommt mit beiden Ponys gut klar und nach kurzer Überlegung kauft M den 10 jährige der beiden Ponys bei P.

Eine Kaufuntersuchung hält M nicht für nötig, weil das Pony in den letzten zwei Jahren etliche Platzierungen in L-Dressuren hatte und auch sonst keine Auffälligkeiten im Bewegungsablauf zeigt, geht sie davon aus, dass es in den letzten Jahren gesund gewesen sein muss. Der Vertragsschluss wird per Handschlag besiegelt und nachdem die Mutter den Kaufpreis von 10.000 € gezahlt hat, übergibt der Pferdehändler das Pony am 01.06.2010.

Seit dem 01.07.2010 ist das Pony vorne rechts lahm, der Tierarzt weiß keinen Rat, es gebe keine Anzeichen für eine akute Verletzung und weil es am 15.07. immer noch lahmt, fertigt er Röntgenbilder an. Es stellt sich heraus, dass das Pony eine Veränderung am Gleichbein hat, die die Lahmheit auslöst, der Röntgenbefund dürfte nach dem Röntgenleitfaden in die Röntgenklasse drei bis vier einzustufen sein.

Die Mutter wendet sich wutschnaubend an den Pferdehändler und fordert den Kaufpreis zurück, sie will das Pony wieder loswerden und an ihn zurückgeben, außerdem verlangt sie die Stallmiete zurück und die Tierarztkosten. Darauf will sich der Pferdehändler nicht einlassen, er erwägt aber, ihr das andere Pony im Austausch zu geben. Die Mutter weist diesen Vorschlag zurück, das könne er sich jetzt auch behalten, mit ihm wolle sie nichts mehr zu tun haben.

Wie würden Sie entscheiden?

Kann M das Vorliegen eines Sachmangels beweisen?
Die Lahmheit des Pferdes stellt an sich einen Sachmangel dar, weil ein lahmendes Pferd nicht der vertraglich vorausgesetzten Verwendung entspricht. Hier ist zwar schriftlich nicht vereinbart worden, dass das Pony zum Einsatz in L-Dressuren gekauft worden ist, aber mindestens ist es zum Einsatz als Reitpony verkauft worden, ein lahmes Pferd ist aber nicht als Reitpferd einsetzbar, wir können also getrost davon ausgehen, dass das Pferd zum 01.07.2010 tierärztlich festgestellt lahm und damit mangelhaft war. Dies lässt sich im Falle eines Rechtstreits auch durch Zeugenaussagen insbesondere durch die des behandelnden Tierarztes beweisen.
Damit hat die Mutter aber noch nicht bewiesen, dass das Pferd zum im Kaufrecht maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs (hier: Übergabe des Pferdes) mangelhaft war.
Das muss sie dann nicht, wenn sie von einem Unternehmer gekauft hat und sich der Mangel innerhalb der ersten sechs Monate zeigt.
Dieser Punkt ist in unserem Fall leicht, lahmte das Pony doch schon nach einem Monat.
Dann wird gesetzlich vermutet, dass der Mangel schon von Anfang an vorhanden war.

Wenn nicht die Art des Mangels mit dieser Vermutung unvereinbar ist.
Auch bei den Gerichten ist mittlerweile angekommen, dass Pferde innerhalb kurzer Zeit aus vielen verschiedenen Gründen lahmen können (so z.B. OLG Zweibrücken). Insofern kann die Mutter sich nicht darauf verlassen, dass ein Gericht die innerhalb von sechs Monaten aufgetretene Lahmheit allein ausreichen lässt. Unter Umständen muss M also auch die Ursache der Lahmheit nachweisen, zumindest nach dem OLG Zweibrücken muss sie nachweisen, dass die Ursache des Mangels = Lahmen nicht in ihrer Besitzzeit des Ponys entstanden ist. Im streitigen Verfahren wird ein Gericht hier immer ein tierärztliches Sachverständigengutachten einholen.
Ihr helfen jedoch die Röntgenbilder vom 15.07.2010. Nach dem Bundesgerichtshof ist ein Röntgenbefund der Klasse drei zwar ohne klinische Auffälligkeiten nicht als Mangel eines Reitpferdes anzusehen, aber das Pony lahmte und hat einen Röntgenbefund der Klasse drei bis vier infolge der Gleichbeinveränderung vorne rechts.
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass das Pony einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist, der in zeitlicher Hinsicht die Vermutung auslöst. Die Muter muss also nicht mehr beweisen, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe bereits mangelhaft war. Dann hätte sie es mutmaßlich ja gar nicht erst gekauft.

AHA – und dann kann die Mutter also den Kaufvertrag rückabwickeln, das Pferd zurückgeben, den Kaufpreis zurückfordern und Ersatz aller Kosten verlangen, die durch das Pferd entstanden sind?

Wenn es so einfach wäre, könnte es ja jeder!

Die eigentliche „Musik“ des Falles spielt neben den „normalen“ kaufrechtlichen Fallstricken aus der Sicht der Mutter genau hier:

Sie erinnern sich – das Mädchen hat zwei Ponys ausprobiert – und beide entsprachen den Vorgaben der Mutter; in diesem Fall hat der Pferdehändler die Möglichkeit, das neunjährige Pony zum Kaufpreis des 10 Jährigen zu liefern!
Der Verkäufer hat innerhalb einer angemessenen Frist, die Pflicht – aber auch das Recht – der Nacherfüllung. Nacherfüllen kann er entweder durch „Nachbessern“ das scheidet bei unserem Pony aus, aber unter Umständen auch durch „Ersatzlieferung“, das könnte er in unserem Fall. Wenn die Mutter Pech hat, würde eine Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages alleine deshalb abgewiesen werden, weil sie dem Pferdehändler keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
Die Vorgaben der Mutter an den Pferdehändler: ein Pony, L-Dressur, neun bis 11-jährig bis 11.000 €, brav und von Kind zu Reiten, können den Pferdekauf im Einzelfall zum Gattungskauf machen. Es gibt viele Reitponys, die den Vorgaben der M entsprechen und ein weiteres hat der Pferdehändler unter Umständen im Angebot.

Grundsätzlich sollte man meinen, Pferdekäufe unterscheiden sich doch erheblich von dem Kauf eines Iphones. Das gekaufte Pferd ist aus Käufersicht selten austauschbar, neben gewünschten Qualitätsmerkmalen sind es Wesensmerkmale des Pferdes, die eine Kaufentscheidung tragen. Wer kauft schon ein Pferd, das er nicht mag?
Nur stehen diese höchst persönlichen Auswahlkriterien selten in den geschlossenen Kaufverträgen und sie lassen sich nur schwer im Nachhinein darstellen.

Aus Sicht des Pferdehändlers ist die Sachlage einfach und nachvollziehbar, er kann das gewünschte Pferd liefern.
Man mag die Rechtsprechung, die das Pferd zur „Gattungsschuld“ macht, kaufrechtlich also einem iphone, einer Mikrowelle oder einem Stuhl gleichstellt und es damit „ersatzgeliefert“ werden kann, verteufeln, aber lesen Sie doch noch mal die Vorgaben der Mutter und versetzen Sie sich dann in die Lage des Gerichts und dann noch einmal:

Wie würden Sie entscheiden?

Wenn das Pferd nicht mit oder bei den Vertragsverhandlungen konkretisiert wird, der Käufer nicht zum Ausdruck bringt, warum er das und zwar nur das eine Pferd kaufen will, kann ihm vielleicht auch ein anderes auf`s Auge gedrückt werden.
Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist alles eine Frage der Vereinbarung!

Jennifer Stoll
Rechtsanwältin

Landwirt; Reithalle im Außenbereich

Betriebserweiterung eines nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Landwirten; Pferdepensionshaltung

Fazit: Keine Privilegierung eines im Außenbereich gelegenen Bauvorhabens, wenn es nicht dem bisher bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb dient. Das ist dann nicht der Fall, wenn das (neue) Vorhaben ein sehr hohes wirtschaftliches Risiko (hier für einen auf gepachteten Flächen wirtschaftenden Landwirten) darstellt, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung nicht sichergestellt sind und es in seinem Umfang nicht als Betriebserweiterung sondern als Neugründung anzusehen ist.
Selbst wenn das Vorhaben noch von der Privilegierung nach § 35 I BauGB erfasst wäre, stehen einem Vorhaben dieser Größenordnung im Einzelfall öffentliche Belange i.S.d. § 35 III BauGB entgegen. Diese Belange können aus den textlich festgesetzten Zielen des Landschaftsplans und den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege resultieren. Hier war vor allem die Größe des Vorhabens in Form der großflächigen Versiegelung, der Erdbewegungen und des Gebäudekörpers problematisch.
Quelle: VG Düsseldorf Urteil vom 28.01.2010, 4K 5870/08
Der Kläger, ein ortsansässiger (privilegierter) Landwirt beantragte im Außenbereich bei der Gemeinde einen Bauvorbescheid zur „Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes“ Gegenstand der Erweiterung war die Errichtung einer Halle 200 m entfernt von dem im Außenbereich gelegenen Hof des Klägers. Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich eines Landschaftsplans. Dieser setzt für das Grundstück ein Landschaftsschutzgebiet fest, dessen Entwicklungsziel ist die Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen Landschaftselementen vielfältig ausgestatteten Landschaft. Das Vorhaben des Klägers umfasste eine Hallengrundfläche von 11.000 qm (100x110m). Darin sollten vier Gruppen von 20 Pferden in Laufställen, eine Reitfläche von 1200 qm, eine Reitfläche von 800 qm und eine Longierfläche von 400 qm, vier Pferdegruppenräume und vier Putzräume (insg. 1220 qm) untergebracht werden. Außerhalb dieser Halle sollten ein Betriebsleiterwohnhaus, zwei nicht überdachte Bewegungsflächen, ein überdachtes Dunglager, ein weiterer Reitplatz und 42 Stellplätze geschaffen werden. Auf dem Reiterhof sollten 80 Pferde in Pensionstierhaltung eingestellt werden. Der Kläger bewirtschaftete zum Zeitpunkt der Antragsstellung 22 ha gepachtete Flächen und plante die Bewirtschaftung von 32 ha. Nach einer Stellungnahme der LWK NRW war als Futtergrundlage eine Fläche von 28 ha ausreichend, die Gesamtbaukosten schätzte die LWK auf 2,52 Mio €, die Investition i.H.v. 22.500 € pro Pferd lag danach deutlich über dem üblichen Investitionsvolumen. Nach der Stellungnahme der LWK war das Vorhaben privilegiert.
Die Gemeinde hatte die Erteilung des Bauvorbescheides abgelehnt. Die erhobene Verpflichtungsklage des Landwirts wies das VG Düsseldorf ab.
Auszug aus den Gründen:
Das Vorhaben sei nicht nach § 35 I BauGB privilegiert. Die Errichtung eines Reiterhofes als neuer Betriebszweig diene nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. Die größtmögliche Schonung des Außenbereichs insbesondere wenn das Vorhabengrundstück auch Teil eines Landschaftsschutzgebietes ist, verbiete aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Landwirts ein Vorhaben, wenn es hinsichtlich seiner Realisierung und des dauerhaften wirtschaftlichen Betriebes so erhebliche unternehmerische Risiken berge, wie das vom Kläger verfolgte. Der Kläger habe nicht als überwiegend wahrscheinlich darlegen können, dass er das Vorhaben tatsächlich finanzieren könne. Obwohl der Kläger Vollerwerbslandwirt sei und daher grundsätzlich seine betriebliche Organisation und seine Gewinnerzielungsabsicht nicht zweifelhaft sei, habe er weder Finazierbarkeit noch Wirtschaftlichkeit darlegen können.
Eine Privilegierung unterstellt stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen:
Die im genannten Bereich durch das Vorhaben vorgesehene großflächige Versiegelung und Bebauung durch den massiven Haupthallenbaukörper widerspreche der als Entwicklungsziel festgehaltenen Erhaltung als vielfältig gegliederten Landschaftsraum. Dies gelte insbesondere, da im Großstadtgebiet der Beklagten die schutzwürdigen Freiflächen selbst im Rahmen eines zusammenhängenden vielfältig gegliederten Landschaftsraum absolut gesehen nur kleine Flächen seien und einen geringen Anteil des Stadtgebietes ausmachten. Hinzu komme die vom Beklagten befürchtete Vorbildwirkung für die ca. 20 weiteren Pensionstierhaltungen in der Nähe des Vorhabenstandorts, die ebenfalls überwiegend im Landschaftsschutzgebiete lägen.
Weiterhin widerspreche das Vorhaben den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Nach §§ 1 und 2 BNatSchG seien das die Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, der Regenerations- und Nutzfähigkeit der Naturgüter, die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage des Menschen. Die Abwägung der für die Realisierung des privilegierten Vorhabens sprechenden Gesichtspunkte einerseits und der öffentlichen Belange andererseits führe zu einem Überwiegen der Belange des Naturschutzes. Zwar möge die konkrete Landschaft im Bereich des Vorhabens an sich nicht herausgehoben bewahrenswert sein, weil sie als leicht hügelig ansteigender teils bewaldeter aber überwiegend landwirtschaftlich genutzter Bereich, keine ganz besondere Schönheit oder Einzigartigkeit aufweise. Weiterhin sei sie vorbelastet durch die begrünte, tiefer liegende Bundesstraße. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Erhaltung eines von Bebauung freigehaltenen Landschaftsbereichs einer Großstadt sowohl unter Natur. und Landschaftsschutzgesichtspunkten, als auch als Lebensgrundlage des Menschen besondere Bedeutung zukomme. Hinzu komme die vom Vorhaben des Klägers ausgehende Unruhe durch die An- und Abfahrt zu den 42 Stellplätzen.
Insgesamt bestünde trotz Vorbelastung im für das Vorhaben relevanten Bereich eine Nutzungsweise, die im Grundsatz der naturgemäßen Nutzung der Landschaft als ackerbauliche Landwirtschaftsfläche entspreche. Dem gegenüber würde das Vorhaben in seiner geplanten Ausführung eine wesensfremde Nutzung darstellen.

Haftung Reitverein; Haftung des Veranstalters eines Reitturniers; Verkehrssicherungspflichten

Anlässlich des Starts der Turniersaison 2011 sollen hier noch einmal die Verkehrssicherungspflichten des Veranstalters beleuchtet werden.
Zu OLG Celle Urteil des 8. ZS vom 05.02.2009:
In dieser Entscheidung des OLG Celle geht es um die Haftung eines Dressurreitturnierveranstalters. Das jährliche Dressurturnier findet auf einer vom Verband gemieteten Reitanlage statt, die unmittelbar an eine Galopprennbahn grenzt. Es handelt sich um eine winterliche Veranstaltung in der Reithalle. Das benachbarte Rennbahngelände wird vom Beklagten ebenfalls gemietet und er verpachtet es an einen Rennstallbetreiber weiter. Es bestand eine Vereinbarung zwischen Verband und Rennstallbetreiber, dass Sand- und Rasenbahn bei Veranstaltungen auf dem Gelände nicht genutzt werden dürfen. Ansonsten durfte die innere Sandbahn bis 10:00 Uhr und die äußere Rasenbahn bis 8:00 Uhr zu Trainingszwecken der Rennpferde genutzt werden.
Die Klägerin, eine erfolgreiche Dressurreiterin, nahm den Veranstalter auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten in Anspruch. Weil sich auf der an den Anhängerparkplatz angrenzenden Galopprennbahn gegen 9.00 Uhr zwei schnell galoppierende Pferde näherten, hat sich das Pferd der Klägerin beim Verladen erschrocken, losgerissen und ist dann in Panik über den Asphalt galoppiert, gestürzt und hat sich hierbei schwer verletzt. Es ist aufgrund der so erlittenen Verletzung als Dressurpferd nicht mehr einsatzfähig.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Veranstalter habe seine Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem er das Galoppieren auf der benachbarten Rennbahn während des Reitturnieres nicht unterbunden habe. Der Veranstalter behauptet, seine Verkehrssicherungspflicht treffe ihn nur auf dem Veranstaltungsgelände und nicht auf dem Nachbargelände.
Das Landgericht Verden hatte die Klage abgewiesen, weil eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten nicht vorgelegen habe. Der Veranstalter habe nicht damit rechnen müssen, dass an jenem Turniermorgen das Nutzungsverbot auf der Galopprennbahn verletzt werden würde.
Auch das OLG Celle weist die Berufung der Klägerin zurück. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasse Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend erachte, um andere vor Schaden zu bewahren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden könne. Bei der Benutzung von Sportanlagen treffe den Betreiber die Pflicht, die Benutzer durch geeignete Maßnahmen vor Gefahren zu schützen, die für den zugelassenen Besucherkreis und den zu erwartenden Gebrauch über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen und nicht ohne weiteres erkennbar seien.
Bei der Durchführung von Reitsportveranstaltungen habe die Rechtsprechung die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bejaht, wenn ein Pferd, das sich losgerissen habe, durch eine in unmittelbarer Nähe des Reitplatzes liegenden Planierschleppe verletzt werde. Danach liege hier schon keine objektive Pflichtverletzung vor, weil weder durch das vom Beklagten veranstaltete Turnier noch durch die vom Beklagten genutzte Anlage eine Gefährdung des Pferdes der Klägerin hervorgerufen worden sei. Im Folgenden stellt das Gericht nicht in Abrede, dass es zu einer konkreten Gefährdungslage kommt, wenn Renn- und Reitpferde gleichzeitig trainiert werden. Aber hieraus folge nicht, dass der beklagte Veranstalter jede Nutzung der Nachbaranlage während des Hallenreitturnieres hätte verhindern müssen. Es sei ausreichend (wegen der bestehenden Nutzungsvereinbarung), dass er den Rennstallbetreiber über die konkrete Turnierveranstaltung in Kenntnis gesetzt habe. Der Beklagte habe sich auf das Nutzungsverbot während der Turnierveranstaltung verlassen dürfen. Wenn auf der Galopprennbahn dennoch trainiert worden sei, liege dies nicht in seinem Verantwortungsbereich. Seine Einwirkungsmöglichkeit beschränke sich lediglich auf seinen Pächter, den Rennstallbetreiber. Der Beklagte habe auch nicht bei der Turnierausschreibung auf die bestehende Gefahr der benachbarten Rennbahn hinweisen müssen, weil die Nutzung ja während der Turnierveranstaltung untersagt sei. Es genüge, wenn der Veranstalter nach Kenntnis von der Inbetriebnahme der Rennbahn trotz Nutzungsuntersagung, mündlich auf das Verbot hinweise. Weitergehende Einwirkungsmöglichkeiten und damit Pflichten insbesondere gegenüber nicht am Turnier teilnehmenden Dritten habe der Veranstalter nicht.
Der Klägerin seien die Gegebenheiten des Turniergeländes bekannt gewesen und es habe sich lediglich das allgemeine Risiko der Pferdehaltung verwirklicht, es könne nie ausgeschlossen werden, dass Pferde in unberechenbarer Weise auf Umweltreize mit dem typischen Fluchtverhalten reagierten.

Fazit: Verkehrssicherungspflichten, deren Verletzung eine Haftung gegenüber Turnierteilnehmern auslösen kann, treffen den Veranstalter eines Reitturnieres auf dem Veranstaltungsgelände. Für Gefahren, deren Ursprung außerhalb des Turniergeländes liegen, treffen ihn Verkehrssicherungspflichten nur im Rahmen seiner Einwirkungsmöglichkeiten und soweit diese vorhersehbar sind.

Haftung des Veranstalters eines Reitturniers

Anmerkung zu BGH 3. ZS Urt. vom 23.09.2010, Haftung des Reitvereins:
Bei einem Reitturnier startete die Tochter des Klägers mit der Stute ihres Vaters in einer Springpferdeprüfung der Klasse M. Am Ende des Parcours war eine Kombination bestehend aus einem Oxer und einem Steilsprung aufgebaut. Nachdem die Stute den Oxer übersprungen hatte, kollidierte sie mit einem rechts neben dem Steilsprung aufgestellten Fangständer. Der Fangständer war eine fest verschraubte Holzkonstruktion mit einem Eisenfuß, das obere Ende des Fangständers lag einige Zentimeter niedriger als das zu überwindende Hindernis. Beim Überspringen des Fangständers stieß die Stute gegen die Konstruktion und erlitt schwere Verletzungen im Kniebereich und musste nach erfolgloser tiermedizinischer Behandlung eingeschläfert werden.
Der Kläger verlangt vom beklagten Veranstalter Schadensersatz in Höhe des behaupteten Pferdewertes von 100.000 €, wegen Verletzung der dem Veranstalter obliegenden Sorgfalts- und Sicherungspflichten.
Der Beklagte bestreitet die Pflichtverletzungen und behauptet der Schaden sei durch einen Reitfehler der Tochter entstanden und der Kläger müsse sich die von dem verletzten Pferd ausgehende Tiergefahr anrechnen lassen.
Das Landgericht Münster hatte der Klage in Höhe eines geschätzten Wertes von 25.000 € stattgegeben, auf die Berufung des Klägers und des Beklagten hatte das Oberlandesgericht Hamm dem Kläger weitere 10.000 € zugesprochen.
Der Beklagte verfolgte mit der hier zu entscheidenden Revision sein Ziel der Klageabweisung weiter. Allerdings hatte die zulässige Revision keinen Erfolg.
Der 3. Zivilsenat des BGH bestätigte das Urteil des OLG Hamm. Es sprach dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus §§ 661, 657, 280 I BGB zu. Die Höhe des Schadens hatte das OLG gem. § 287 ZPO auf 35.000 € festgesetzt, hierzu war ein Sachverständigengutachten bezüglich des Pferdewertes eingeholt worden und der Wert war in der Revision nicht mehr zu überprüfen.
Der Kläger sei als Eigentümer in den Schutzbereich des Auslobungsrechtsverhältnisses zwischen seiner Tochter als Turnierteilnehmerin und dem Beklagten einbezogen.
Die Veranstaltung eines Reit- und Springturnieres ist nach ständiger Rechtsprechung als Preisausschreiben ein Unterfall der Auslobung. Zwischen dem Auslobenden (Reitturnierveranstalter) und dem Turnierteilnehmer bestehen nach dem BGH im Vorfeld der eigentlichen Sachentscheidung (Platzierung) Rechtsbeziehungen im Sinne einer schuldrechtlichen Sonderverbindung, aus der Nebenpflichten gem. § 241 II BGB „hinsichtlich der sorgfältigen und ordnungsgemäßen Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbs und hinsichtlich des Schutzes der Teilnehmer vor Gefahren, mit denen sie nicht zu rechnen brauchen, erwachsen.“
Nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei der Eigentümer des Pferdes in den Schutzbereich des Rechtsverhältnisses einbezogen.
Die Pflichtverletzung des Beklagten bestehe darin, dass der aufgestellte Fangständer in „seiner konkreten Verwendung nicht den Anforderungen an eine geeignete Wettkampfanlage gerecht geworden und hierdurch ein für die Turnierteilnehmer nicht vorhersehbares Sicherheitsrisiko geschaffen worden sei.“
Der Parcourschef und der Turnierrrichter sind auch nach dem BGH Erfüllungsgehilfen des beklagten Reitvereins nach § 278 BGB. „Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles, mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verpflichtung als seine Hilfsperson tätig wird.“
Zwischen dem Beklagten und den Turnierteilnehmern sei durch die Turnierausschreibung keine wirksame Haftungsbeschränkung zugunsten des Beklagten vereinbart worden. Anders als das sportliche Regelwerk während der Veranstaltung seien die vorformulierten, vom Veranstalter vorgegebenen Haftungsausschlüsse oder Haftungsbeschränkungen für Verletzungen von Rechtsgütern der Teilnehmer (oder einbezogener Dritter = Pferdeeigentümer) vollumfänglich der Kontrolle gem. §§ 305 ff BGB unterworfen. Nach Auslegung der Bestimmungen der Turnierausschreibung kommt der 3. Zivilsenat zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a) und b) vorliegt. Danach ist ein Ausschluss jeglicher Haftung für jegliche Schäden infolge leichter Fahrlässigkeit nicht zulässig. Die Klausel ist somit insgesamt unwirksam und folglich keine Haftungsbeschränkung zugunsten des Reitvereins als Veranstalter vereinbart.
Die Beweisaufnahme hatte unterinstanzlich (Sachverständigengutachten) ergeben, dass die Teilnehmer mit der besonderen Gefahr, die von diesem Fangständer ausging nicht rechnen mussten, somit schied in diesem Fall ein Haftungsausschluss nach den Grundsätzen des Handelns auf eigene Gefahr aus.
Weiterhin konnte ein Reitfehler der Tochter des Klägers, der ein Mitverschulden gem. § 254 BGB zur Folge haben könnte, nicht nachgewiesen werden.
Eine Anrechnung der bloßen Tiergefahr gegenüber der Verschuldenshaftung des Beklagten komme nach § 840 III BGB nicht in Betracht.

Fazit: Der 3. Zivilsenat des BGH setzt die Rechtsbeziehungen zwischen Turnierteilnehmern und Veranstalter einem „echten“ Vertragsverhältnis gleich, was schlicht bedeutet, dass eine Haftung des Veranstalters nicht (vollständig) im Wege der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden kann.

Haftung Reitverein (Idealverein) als Pferdehalter, zu BGH Urteil vom 21.12.2010 AZ: VI ZR 312/09

Dieser Entscheidung des 6. Zivilsenats des BGH liegt ein Reitunfall zugrunde, der sich während einer Reitstunde ereignete. Ursprünglich verklagt waren der Reitlehrer und der Reitverein, ein eingetragener Verein für Reittherapie von Behinderten, der Halter des „Unfallpferdes“ ist. Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld, weil sie sich durch einen Sturz vom Pferd „R“ eine Lendenwirbelfraktur zuzog. Der Reitlehrer hatte der Klägerin, die an einer Behinderung leidet und deren Tochter ( auf “Pferd P“) eine Reitstunde erteilt, der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin behauptet, „P“ sei unerwartet stehen geblieben und habe gegen den auflaufenden „R“ ausgekeilt. Dieser sei daraufhin durchgegangen, was zum Sturz geführt habe. Die Beklagten hingegen behaupten, das Durchgehen des Pferdes sei auf das hysterische Rufen der Klägerin verursacht und das Pferd „P“ habe nicht ausgeschlagen sondern beim Vorbeigaloppieren und Überholen des Pferdes „R“ mit zu geringem Abstand den „Schweif gedreht.“ Das Unfallpferd R ist nach beiden Vorträgen zumindest abrupt stehengeblieben und die Klägerin ist dabei runtergefallen.

Das LG Dortmund hatte der Klage gegen den Beklagten zu 1 (Reitlehrer) stattgegeben und gegen den Beklagten zu 2 (Reitverein) abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG Hamm der Klage auch gegen den Beklagten zu 2 statt. Das OLG hat die Revision für den Reitverein zugelassen, weil „die Rechtssache mit der Frage der Entlastungsmöglichkeit des § 833 S.2 BGB für einen Idealverein, der seine Pferde – ohne Gewinnerzielungsabsicht – zur Verfolgung seiner als gemeinnützig anerkannten, satzungsmäßigen Zwecke halte, grundsätzliche Bedeutung habe und es hierzu unterschiedliche Auffassungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung gebe.“
Der BGH bestätigt das Urteil des OLG Hamm: „ das Berufungsgericht hat dem Beklagten zu 2 ohne Rechtsfehler eine Entlastungsmöglichkeit über das so genannte Nutztierprivileg des § 833 S.2 BGB versagt.“

Zur Begründung des BGH:
Das Gesetz räume dem Tierhalter nach § 833 S.2 BGB die Möglichkeit sich von der Gefährdungshaftung des § 833 S.1 BGB zu entlasten, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden sei, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters diene. Die von einem nicht wirtschaftlichen Verein (§ 21 BGB) zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben gehaltenen Pferde zählten nicht zu den sogenannten Nutztieren i.S.d. § 833 S.2 BGB. Einem Reitverein stünde deshalb nur die Entlastungsmöglichkeit zu, wenn er die von ihm gehaltenen Reitpferde überwiegend wie ein wirtschaftliches Unternehmen zur Erwerbszwecken nutze. (Das stehe dann aber im Widerspruch zur satzungsmäßig ideellen Zweckbestimmung des Vereins.)
FAZIT: Ein nichtwirtschaftlicher Reitverein, der Pferde hält, kann sich nicht von der Gefährdungshaftung entlasten; natürlich kann ein Mitverschulden des Reiters die Gefährdungshaftung je nach Abwägung der Verursachungsbeiträge sogar zurückdrängen, ein solches Mitverschulden gem. § 254 BGB lag hier aber nicht vor.

Aktuelles zum Kaufrecht – eine käuferunfreundliche Entscheidung im Rahmen der Rückabwicklung von Pferdekaufverträgen, die man gelesen haben sollte!

Zu Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil vom 13.01.2011 AZ: 4U 34/10:Der Kläger ein Hobbyfahrer kaufte bei der Beklagten einer Pferdezüchterin mehrere Pferde u.a. den streitbefangenen vierjährigen Wallach als Fahrpferd. Im schriftlichen Kaufvertrag versicherte die Beklagte, das Pferd weise keine verdeckten Mängel oder Verletzungen auf und leide nicht an einer Erkrankung. Der Kläger holte das Pferd im November 2006 bei der Beklagten ab und verkaufte es im Januar 2007 an einen Dritten. Im Februar 2007 wurde der Wallach auf Veranlassung des Dritten durch einen Tierarzt untersucht, dieser diagnostizierte u.a. durch Erhebung röntgenologischer Befunde eine arthrotische Veränderung am linken Vorderbein und daraus resultierend eine Lahmheit. Als zur Ausübung des Fahrsportes untauglich nahm der Kläger das Pferd zurück. Nachdem die Beklagte der Aufforderung des Klägers, sich wegen des Mangels mit ihm in Verbindung zu setzen nicht nachgekommen war, trat er im Mai schriftlich durch seinen Bevollmächtigten vom Kaufvertrag zurück.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrages, Rückzahlung des Kaufpreises und Schadensersatz. Das Landgericht Frankenthal hatte durch Einzelrichter der 2. Zivilkammer der Klage im Wesentlichen wie beantragt stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, sie ficht das Urteil in vollem Umfang an.
Die Berufung der Beklagten war erfolgreich. Das pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken kam zu dem Ergebnis, der Kläger habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages noch auf Ersatz der Unterstellkosten oder Schadensersatz. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass das streitgegenständliche Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft gewesen sei.
Mit der Vorinstanz ging das OLG davon aus, dass die Beklagte mit ihrer Erklärung keine Beschaffenheitsgarantie übernommen habe. Die Auslegung der Erklärung der Beklagten gem. §§ 133, 157 BGB ergebe, die Versicherung der Beklagten, das Pferd weise nach dem Wissen der Beklagten keine versteckten Mängel oder Verletzungen auf. Die Äußerung der Beklagten über die Abwesenheit von Krankheiten könne ebenfalls nur dahingehend verstanden werden, dass das Pferd nach der Kenntnis der Beklagten gesund sei. Eine weitergehende Garantieerklärung der Beklagten liege nicht vor. Sie habe lediglich eine Beschaffenheitsvereinbarung übernommen und ihre Redlichkeit versichern wollen.
Das OLG führte aus, die Beklagte habe mit ihrer Beschaffenheitsangabe nicht zusichern wollen, dass das Pferd frei von jeder Normabweichung sei. Bei Tieren entspreche nicht jede Abweichung von der biologischen oder physiologischen der Idealnorm einem Sachmangel. Der Käufer eines Reitpferdes oder Fahrpferdes könne nicht redlich erwarten, dass er ohne besondere Vereinbarungen ein Tier mit idealen Anlagen erhalte, sondern müsse damit rechnen, dass das erworbene Tier physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweise, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich seien. Die Erklärungen der Beklagten könne deshalb nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Pferd physiologisch der Idealnorm entsprechen sollte, sondern nur dahingehend, dass es keine Mängel aufweise, die dem erstrebten Verwendungszweck, Einsatz als Hobbyfahrpferd, widersprechen. Nach dem OLG erfasste die Beschaffenheitsvereinbarung nicht das Fehlen röntgenologischer Befunde.
Die Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen (Tierarzt der Klägerin) und tierärztlichem Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass das streitbefangene Pferd zum einen lahmte (mittelgradige Lahmheit und Wendeschmerz vorne links) und zum anderen hatte es an der rechten Vorderzehe eine ca. kirschkerngroße Verschattung oberhalb des Strahlbeins und eine Linsengroße Verschattung dorsoproximal im Fesselgelenk. Als Ursache hierfür sei nach dem Sachverständigen entweder eine Verkalkung im proximalen Strahlbein oder eine Strahlbeinabsprengungsfraktur so wie ein freier Gelenkkörper im Fesselgelenk. Diese Befunde gäben keine Auskunft über die Lahmheit vorne links. Im Bereich der Zehe vorne links fand der Sachverständige eine leichte Randexostose dorsoproximal im Fesselbein und eine Senfkorngroße Exostose im Bereich des dorsalen Sagittalkamms des Röhrbeins. Vorne rechts diagnostizierte der Sachverständige also nur eine geringgradige Arthrose im Fesselgelenk, die nicht als Ursache für die Lahmheit des Pferdes angesehen werden könne. Die erhobenen Röntgenbefunde stellten auch insgesamt die Verwendung des Pferdes als Reit- oder Fahrpferd zu Hobbyzwecken nicht in Frage. Die Lahmheit könne vielfältige Ursachen hier insbesondere Weichteilerkrankungen haben.
Im Folgenden begründet das OLG die Nichtanwendbarkeit der Vermutung gem. § 476 BGB, wonach in zeitlicher Hinsicht vermutet wird, dass ein Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, wenn er sich innerhalb sechs Monaten nach der Übergabe zeigt und der Kaufvertrag zwischen einen Unternehmer (hier Pferdezüchter) und einem Verbraucher geschlossen wurde.
Nach dem OLG Zweibrücken war hier § 476 BGB nicht anwendbar, weil die Ursache der Lahmheit nicht festgestellt werden konnte und Tiere anders als Sachen während ihrer Lebenszeit einer ständigen Entwicklung ihrer körperlichen und gesundheitlichen Verfassung unterliegen.

Anmerkung: das Problem war hier: Das Gericht kam zur Überzeugung, dass schon die Ursache des Mangels = Lahmheit vorne links nicht nachgewiesen war (Beweislast für das Vorliegen eines Mangels trägt der Käufer auch im Rahmen des § 476 BGB); nach dem Sachverständigengutachten konnte die Lahmheit X verschiedene Ursachen haben und lehnte somit die Anwendung der zeitlichen Vermutung aus § 476 BGB ab.
Das Gericht sagt also: 1. Die Röntgenbefunde sind nach den Parteivereinbarungen bei Kaufvertragsschluss kein Mangel des Pferdes; 2. die Lahmheit eines Pferdes ist grundsätzlich ein Mangel; aber 3. die Ursache der Lahmheit konnte nicht zweifelsfrei auf physiologische Anlagen des Pferdes zurückgeführt werden und damit sollte 4. Die Vermutung, zeigt sich ein Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe…nicht angewendet werden, wodurch 5. dann der Kläger die volle Beweislast für das Vorliegen der Lahmheit bei Gefahrübergang (Übergabe des Pferdes) zu tragen hatte; nach dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverständigengutachten war das dem Kläger aber nicht möglich.

Entscheidung des OLG Düsseldorf zur Tierarzthaftung im Rahmen der Ankaufsuntersuchung

Überraschende Entscheidung des OLG Düsseldorf zur Tierarzthaftung beim Übersehen einer Erkrankung bei der Ankaufsuntersuchung
Zu OLG Düsseldorf Urteil vom 28.05.2009 8 U 84/08 (RdL 2010, 117-119)
Anmerkung: das OLG Düsseldorf hat hier u.a. über die grundsätzliche Frage der Sachwalterhaftung eines vom Käufer beauftragten Tierarztes entschieden. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf diesen Aspekt, die auch im Urteil aufgeworfene Frage der Gesamtschuld zwischen Tierarzt und Verkäufer, so wie Fragen, die tierärztliche Auskunft betreffend werden hier nicht dargestellt.
Die Klägerin verkaufte im Juli 2004 für 9.500 € ein Reitpferd an eine Käuferin. Der Beklagte Tierarzt hatte im Vorfeld des Kaufs im Auftrag der Käuferin eine klinische und röntgenologische Untersuchung durchgeführt und dabei keine erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen festgestellt.
In einem Vorprozess mit der Käuferin als Klägerin vor dem Landgericht Essen war die jetzige Klägerin (Beklagte des Vorprozesses) im Mai 2006 zur Rücknahme des Pferdes und zur Rückzahlung des Kaufpreises so wie zur Zahlung von Aufwendungsersatz verurteilt worden. Aufgrund des tierärztlichen Sachverständigengutachtens im Vorprozess kam das Landgericht zu der Überzeugung, der Wallach litt schon zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs an einer alten Gleichbeinfraktur des linken Hinterbeines, die zu einer Lahmheit bei Belastung führt, was eine Verwendung als Reitpferd ausschließt.
Die beklagte Verkäuferin verkündete daraufhin dem Tierarzt der Ankaufsuntersuchung (Beklagter des Folgeprozesses) den Streit. Im Folgeprozess vor dem Landgericht Duisburg trug die Klägerin vor, sie habe den Wallach nicht verkauft, wenn sie von der Verletzung des Pferdes Kenntnis gehabt hätte. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Ankaufsuntersuchung des Beklagten habe sie sich überhaupt erst auf den Vorprozess eingelassen. Der Beklagte behauptete, die Klägerin habe die Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht infolge seiner Erklärungen verweigert, sondern weil ihr eigener Tierarzt ebenfalls einen einwandfreien Zustand des Wallachs festgestellt habe. Der Beklagte habe die Lahmheit nicht feststellen können, weil das Pferd im Zuge der Ankaufsuntersuchung infolge eines Hufgeschwüres nicht geritten werden konnte. Die Klägerin aber habe von der Lahmheit bei Belastung wissen müssen. Der Schaden der Klägerin sei nicht aufgrund seiner (fehlerhaften) Ankaufsuntersuchung entstanden.
Die Klägerin verlangte Schadensersatz in Höhe des Aufwendungsersatzes, den sie an die Käuferin zahlen musste. Der beklagte Tierarzt beantragte Klageabweisung. Das Landgericht Duisburg gab der Klage im Wesentlichen statt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Die Berufung des Beklagten (Tierarzt) hat weit überwiegend Erfolg.
Hierzu sagt das OLG Düsseldorf:
Eine Sachwalterhaftung aus §§ 280 I, 311 III BGB setze voraus, dass der Vertreter oder Verhandlungsgehilfe unmittelbar oder mittelbar – durch eine für ihn handelnde Person – an den Vertragsverhandlungen teilgenommen, im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen beeinflusst habe. Er müsse eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Vertrages übernommen haben. Eine so definierte Sachwalterhaftung lehnt das OLG hier ab, die von der Käuferin beauftragte Untersuchung habe nur dazu dienen sollen, die Käufer über den Gesundheitszustand des Pferdes zu informieren. Dafür dass der Beklagte die Vertragsverhandlungen in irgendeiner Weise beeinflusst habe bestünden keinerlei Anhaltpunkte.
Der Beklagte hafte auch nicht nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Nach herrschender Rechtsprechung werde lediglich im Falle der Kaufuntersuchung, bei der der Auftrag zur Begutachtung vom Verkäufer erteilt werde, ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Käufers angenommen. Diese Unterscheidung wird vom OLG Düsseldorf damit begründet, dass in diesem Falle Verkäufer und Tierarzt davon ausgehen müssten, dass der Käufer das Ergebnis der Untersuchung zur Grundlage seiner Entscheidung machen werde. Dieses Gutachten diene auch für den Tierarzt erkennbar dazu, den Käufer vor einer verfehlten Vermögensdisposition zu schützen.
Hiervon sei die Ankaufsuntersuchung, bei der Auftraggeber der Käufer ist, zu unterscheiden, bei dieser Konstellation könne ein erkennbares Interesse des Auftraggebers an der Einbeziehung des Verkäufers in den Schutzbereich des Gutachtervertrages nicht angenommen werden.
Anmerkung: Das OLG Düsseldorf hält an der Unterscheidung bei der Tierarzthaftung im Rahmen der Ankaufs-/ Kaufuntersuchung fest. Als Sachwalter soll der Tierarzt danach nur haften, wenn er vom Verkäufer beauftragt wird, nur dann soll eine Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bestehen.
Diese Rechtsprechung muss im Auge behalten werden, weil sie eine erhebliche Erleichterung für die Haftung des Tierarztes für ein Gutachten im Rahmen der Kaufuntersuchung darstellt. Die Unterscheidung des OLG – der Tierarzt haftet, wenn er vom Verkäufer beauftragt wird, weil später Käufer das Gutachten ihrer Kaufentscheidung zugrundelegen und er haftet nicht als Auftragnehmer des Käufers gegenüber dem Verkäufer, weil dieser nicht in den Schutzbereich des Gutachtervertrages einbezogen ist – ist im Rahmen des § 311 III BGB nicht selbstverständlich.

Zu BGH Urteil vom 17.03.2009 AZ: VI ZR 166/08; Tierhalterhaftung § 833 BGB

Der Sachverhalt dieser höchstrichterlichen Entscheidung ist schnell erfasst:

Das Pferd der Pferdehalterin hat den beauftragten Tierarzt vor Zeugen beim rektalen Fiebermessen gegen den rechten Daumen getreten. Der behandelnde Tierarzt erlitt dadurch einen Trümmerbruch und verlangt Schadensersatz insbesondere für seinen Verdienstausfallschaden.

Die Klage des Tierarztes ist in der ersten Instanz abgewiesen worden und auch die Berufung war erfolglos. Die Revision hingegen war erfolgreich, das Berufungsurteil wurde aufgehoben, die Sache zurück verwiesen.

Zu Unrecht habe das OLG eine Haftung der Pferdehalterin gem. § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr abgelehnt. Eine vollständige Haftungsfreistellung komme im Rahmen der Tierhalterhaftung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Der Umstand, dass sich der Geschädigte der Gefahr selbst ausgesetzt hat, sei eine Frage des Mitverschuldens gem. § 254 BGB und führe nicht zum Ausschluss der Tierhalterhaftung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung komme regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich jemand aus beruflichen Gründen in eine Situation drohender Eigengefährdung durch die
spezifische Tiergefahr begiebe, ohne die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen. Der Tierarzt, der ein Pferd im Auftrag des Tierhalters medizinisch versorge, setze sich der Tiergefahr aus triftigem Grund aus, er müsse sich ihr aussetzen, wenn er seinen ärztlichen Auftrag und den Vertrag mit dem Tierhalter erfüllen wolle.

Den Ausführungen des Landgerichts und des Berufungsgerichts, wonach ein Anspruch aus Gefährdungshaftung ausscheide, wenn jemand das typische Risiko seines Berufes übernehme,
folgte der BGH nicht. In den Fällen, in denen derjenige, der vertragsgemäße Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen habe, fehlerhaft oder besonders risikoerhöhend handele, sei eine Abwägung der verschiedenen Verursachungsbeiträge gem. § 254 BGB vorzunehmen. Bei einem groben Eigenverschulden des Geschädigten könne danach die Haftung des Tierhalters ganz zurücktreten.

Für ein die Haftung minderndes Verschulden des Geschädigten sei regelmäßig der Schädiger (Pferdehalter) Darlegungs- und Beweispflichtig. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast habe der Geschädigte konkret zu seinem Handeln vorzutragen. Da dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen sei, inwiefern die Parteien zu einem etwaigen Mitverschulden des Klägers (Tierarzt) vorgetragen haben, sei für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass der Kläger ordnungsgemäß gehandelt habe.

Anmerkung:

Diese Grundsätze gelten ebenso für Hufschmiede, die während des Beschlagens verletzt werden; nicht unbedingt für Bereiter, die ein Pferd eigenverantwortlich in Beritt haben (OLG Nürnberg, VersR 1999,240, 241 – eigenverantwortliche Ausbildung eines Pferdes durch einen Trainer).

Zu beachten ist bei der vorliegenden Entscheidung, dass der BGH hier zu der Frage eines möglichen Mitverschuldens des Tierarztes nichts sagen konnte, weil hierzu in den vorangegangenen Instanzen nicht hinreichend vorgetragen worden ist.

Pferderecht für interessierte Reitsportler

Pferderecht für interessierte Reitsportler

Ab Mai 2011 biete ich für Reitvereine und Reitställe workshops zu den gängigen Problemen des Pferderechts an.

Anhand von Fallbeispielen werden wir uns einen Überblick über die Rechtsprechung zum Pferderecht erarbeiten. Neben aussagekräftigen Unterlagen werden die Teilnehmer am Ende der Veranstaltungsreihe anhand praxisnaher Pferdefälle ein Gespür für die einzelnen Probleme haben. Die Teilnehmer wissen für die Zukunft, worauf sie achten müssen, bevor „das Kind in den Brunnen fällt.“

In jeweils dreistündigen workshops werden folgende Themen vorgestellt:
Pferdekauf – Kaufvertrag und die Bedeutung der Pferdepapiere
Rückabwicklung von Pferdekaufverträgen
Tierärztliche Kaufuntersuchung – was bedeutet sie rechtlich und was ist, wenn der Tierarzt Befunde übersieht?
Tierärztliche Behandlungsfehler – welche Pflichten hat der Tierarzt und wann haftet er?
Pferdehalterhaftung – wann ist ein Pferd ein Nutztier, haftet der Pferdehalter gegenüber der Reitbeteiligung oder wenn das Pferd in Beritt gegeben wird und was muss bei der Haftpflichtversicherung beachtet werden?

Die workshops finden nach Absprache mit interessierten Reitvereinen / Reitställen entweder vor Ort oder im Schloß Rahe statt.