Pferdepensionsverträge / Pferdeeinstellverträge in der Praxis

– Kündigungsfristen – Vermieterpfandrecht –Haftung für Schäden am eingestellten Pferd-welches Vertragsrecht gilt?

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einer hoch sensiblen Materie: Zum einen werden elementare, wirtschaftliche Probleme der Pferdepensionsbetriebe angesprochen, zum anderen trifft er aber auch den Nerv vieler Pferdeeinsteller, die ihren Sportpartner Pferd vertrauensvoll in die Hände eines Betriebes geben.

Rund um die Pferdeeinstellverträge, besser als Pferdepensionsverträge bezeichnet, ranken eine Vielzahl von Rechtsfragen und damit verbunden sind etliche Problemstellungen in der Praxis.

Bei Inhabern von Pferdepensionsbetrieben besteht großer Bedarf nach Vertragswerken, die am besten Ihre Haftung für Schäden am eingestellten Pferd ausschließen oder zumindest weitgehend begrenzen. Das Problem solcher Vertragswerke ist, dass sie als AGB rechtlicher Überprüfung nicht standhalten.

Dieses Problem hat seinen Ursprung darin, dass die einhellige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte den Pferdepensionsvertrag als Verwahrungsvertrag klassifiziert.

Danach ist Hauptleistungspflicht des Pferdepensionsbetriebes die Obhut über ein Pferd.

Mietrechtliche Elemente des zwischen Pferdepensionsbetrieb und Pferdeeinsteller geschlossenen Vertrages = Gebrauchsüberlassung einer Pferdebox – und dienstvertragliche Elemente = Fütterung, Misten und Weide- bzw. Führanlagenservice – sowie kaufrechtliche Elemente = Lieferung von Einstreu, Kraft- und Rauhfutter sind in der Hauptleistungspflicht Verwahrung bzw. Inobhutnahme eines Pferdes enthalten.

Der so verstandene Pferdeinstell-/Pferdepensionsvertrag enthält umfangreiche Hauptleistungspflichten, für die nach der „Kardinalpflichtenrechtsprechung“ des Bundesgerichtshofes die Haftung durch vorformulierte Verträge nicht ausgeschlossen werden kann.

Das wirtschaftliche Risiko für Pferdepensionsbetriebe besonders für jene, die sehr teure Pferde einstellen, lässt sich weder durch umfangreiche Pferdeeinstellverträge noch durch einschlägige Versicherungen in zufriedenstellender Weise verringern.

Zunächst ist es wichtig, sich des vorstehenden Problems bewusst zu werden und nicht dem Irrglauben zu verfallen, besonders kluge und spezialisierte Juristen könnten das Problem doch noch irgendwie lösen.

Im zweiten Schritt muss der Pferdepensionsbetrieb Wege finden, das wirtschaftliche Risiko infolge der umfangreichen Haftung rechtssicher einzuschränken.

Entsprechendes gilt für alle Fragen rund um die Beendigung des Pferdeeinstellvertrages und den Vergütungsanspruch nach Beendigung des Vertrages.

Es kann nicht sein, dass jeder Pferdepensionsbetrieb zum einen das Risiko trägt, dass seine Einsteller ihre Pferde von heute auf morgen abholen und die vereinbarte Vergütung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zahlen. Zum anderen soll der Betrieb das wirtschaftliche Risiko tragen, dass Einsteller in finanzieller Notlage ihre Pferde einfach im Betrieb lassen, ohne die vereinbarte Vergütung zu zahlen – im schlimmsten Fall, ohne sich um ihr Pferd zu kümmern.

Dieser Beitrag soll helfen, das Problem in rechtlicher Hinsicht zu beleuchten und in tatsächlicher Hinsicht Abhilfe zu schaffen.

Sowohl Pferdepensionsbetriebe als auch Pferdeeinsteller gehen bei Abschluss eines Pferdeeinstellvertrages häufig davon aus, dass sie ein Mietverhältnis begründen.

Dieser Glaube ist schlicht ein Irrglaube. Einen Mietvertrag schließen Pferdeeinsteller und Betriebe nur sehr selten, nur dann wenn der Pferdeeinsteller sein Pferd vollständig selbst versorgt und die Überlassung der Box bzw. des Unterstandes die einzige Leistung des Betriebes darstellt.

In der Konsequenz bedeutet dies für Pferdepensionsbetriebe, dass die Vereinbarung eines Vermieterpfandrechts am eingestellten Pferd oder lange Kündigungsfristen in vorformulierten Einstellverträgen (= Allgemeine Geschäftsbedingungen) unwirksam sind.

Der Verwahrungsvertrag gem. §§ 688 ff BGB kennt keine Kündigungsfristen und kein Vermieterpfandrecht.

Problem:

Verlässt ein Pferdeeinsteller den Pferdepensionsbetrieb ohne Ankündigung und ohne Zahlung der vereinbarten Pensionsvergütung, stellt sich die Frage, ob dem Betrieb der Vergütungsanspruch bis zum Ablauf der schriftlich vereinbarten Kündigungsfrist zusteht.

Wie zuvor dargestellt gelten bei einem Verwahrungsvertrag gem. § 695 BGB keine Kündigungsfristen.

Bei einem Mietvertrag hingegen kann am 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats gem. § 580 Abs. 1, Nr. 3 BGB gekündigt werden. Das wäre dann eine fast dreimonatige Kündigungsfrist.

Ein Dienstvertrag ist spätestens am 15. des Monats zum Monatsende kündbar, dies ergibt sich aus § 621 Nr. 3 BGB.

Nach der Rechtssprechungsentwicklung verschiedener Amtsgerichte hinsichtlich der Kündigungsfristen bei Pferdepensionsverträgen kann im Wege der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vorformulierte Verträge für eine Vielzahl von Pferdeeinstellern) eine zweimonatige Kündigungsfrist zum Monatsende als Mittelwert wirksam vereinbart werden.

Die Vereinbarung einer sechswöchigen Kündigungsfrist soll danach gerichtlicher Überprüfung standhalten. Ein Vergütungsanspruch in Höhe der Pferdepensionsvergütung für diesen Zeitraum soll zugunsten des Betriebes nach Ansicht zweier Amtsgerichte bestehen, wenn der Pferdeeinsteller sein Pferd urplötzlich abholt, auch wenn die Kündigungsfrist in vorformulierten Verträgen vereinbart worden ist.

Ob diese Rechtsprechung mit Blick auf die ständige AGB Rechtsprechung standhält ist sehr fraglich. Nach diesseits vertretener Auffassung ist die Vereinbarung einer Kündigungsfrist im Wege der AGB bei einem Verwahrungsvertrag nicht wirksam.

Dem Pferdepensionsbetrieb steht gem. § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht am eingestellten Pferd bis zur vollständigen Zahlung der Vergütung bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zu. Ob dem Betrieb ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung bis zum Ablauf der schriftlich vereinbarten Kündigungsfrist zusteht, ist mit Blick auf das vorstehende kritisch zu sehen.

Auch für Schäden, die das eingestellte Pferd im Betrieb verursacht, besteht ein Zurückbehaltungsrecht am eingestellten Pferd.

Der Pferdepensionsbetrieb muss das Pferd erst herausgeben, wenn seine Ansprüche aus dem Vertrag erfüllt sind.

Problem:

Es passiert nicht selten, dass Pferdeeinsteller die vereinbarte Vergütung nicht zahlen und ihr Pferd in der Obhut des Pferdepensionsbetriebes lassen.

Was kann der Pferdepensionsbetrieb jetzt tun? Das Pferd infolge seines Vermieterpfandrechts nach einiger Zeit durch Versteigerung verwerten?

Einige Gerichte halten dies jedenfalls für möglich. Diesem Gedanken liegt zugrunde, dass der Pferdepensionsvertrag eben mietrechtliche Elemente enthält.

Einen Mietvertrag vorausgesetzt, stellt das Gesetz dem Vermieter eine Pfandrecht zur Seite, welches ihn berechtigt, das eingestellte Pferd im Wege einer öffentlichen Versteigerung gem. §§ 1257, 1228 BGB zu versteigern. Daneben kann der Betrieb gem. § 1221 BGB auch einen freihändigen Verkauf durch einen öffentlich ermächtigten Handelsmakler erwirken.

Tiere werden nach dem Gesetz wie Sachen behandelt und auch der Tierschutz steht einer Versteigerung nicht entgegen.

Angesichts der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte muss jedoch an dieser Stelle festgestellt werden, dass weder die Vereinbarung noch die Ausübung eines Vermieterpfandrechts im Rahmen der Pferdepensionsverträge rechtssicher ist.

Ohne das Bestehen eines Vermieterpfandrechts kann die Versteigerung nicht rechtmäßig betrieben werden.

Dies führt zu einer äußerst schwierigen Situation:

Versteigert der Pferdepensionsbetrieb ein Pferd, so wird der Erwerber gutgläubig dessen Eigentümer. Der ursprüngliche Pferdeeigentümer ist sein Pferd los.

Der Pferdepensionsbetrieb macht sich gegenüber dem Pferdeeinsteller schadensersatzpflichtig, weil ihm kein Vermieterpfandrecht zu Seite stand und er das eingestellte Pferd dennoch veräußert hat.

Das heißt, der Betrieb trägt nicht nur die Kosten der Versteigerung bzw. des Verkaufs sondern muss auch noch den Erlös an den ursprünglichen Pferdeeigentümer herausgeben.

Auch eine aus dem Mietrecht bekannte Räumung der Pferdebox ist für den Pferdepensionbetrieb keine Alternative. Er muss in jedem Fall die Kosten des Gerichtsvollziehers und die Kosten der anderweitigen, pferdegerechten Unterbringung des eingestellten Pferdes tragen.

In dieser Konstellation kann der Betrieb das Pferd jedoch auch nicht aus der Box holen und an der nächsten Straßenecke anbinden, das verbietet sowohl der Tierschutz als auch das Vertragsrecht. Solange das Pferd in der Obhut des Pferdepensionsbetriebes ist, ist dieser verpflichtet, das artgerecht zu versorgen.

Mögliche Lösung:

Die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung (Kaution) in Höhe der Vergütung für bis zu 6 Wochen im Pferdeeinstellvertrag.

Sollte das Pferd bis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht abgeholt werden, bleibt dem Betrieb alleine die Benachrichtigung des Veterinäramtes. Dieses betreibt dann die öffentlich rechtliche Entziehung des Pferdes (da das Pferd allerdings im Betrieb i.d. R. gut aufgehoben ist und versorgt wird, dauert es erfahrungsgemäß sehr lange, bis hier eingegriffen wird).

Auch dann wird der Betrieb nicht befriedigt, aber ihm entstehen in diesem Verfahren keine Kosten und der Betrieb kann ein neues Pferd (wenn auch mit erheblicher Verzögerung und viel Ärger) zahlungswilliger Eigentümer Inobhut nehmen.

Problem:

Verletzt sich ein in einem Pferdepensionsbetrieb eingestelltes Pferd aufgrund einer Pflichtverletzung des Betriebes, haftet dieser in vollem Umfang für den entstandenen Schaden.

Die Betriebshaftpflichtversicherung reguliert Schäden am eingestellten Pferd nicht, der sogenannte Obhutsschaden ist im Rahmen von Deckungsobergrenzen der Versicherer zusätzlich versicherbar.

Werden in einem Betrieb Pferde mit sehr hohem Wert in Folge sportliche oder züchterischer Erfolge eingestellt, lässt sich dieses Verletzungsrisiko nicht versichern. Der Betrieb haftet mit seinem gesamten Vermögen in Höhe des vollständigen Schadens!

Will der Pferdepensionsbetrieb dennoch seine Haftung begrenzen, muss er dieses in jedem einzelnen Fall mit seinem Vertragspartner individuell aushandeln.

Hierbei sind verschiedenen Varianten denkbar, der Betrieb kann z.B. mit dem Einsteller verhandeln, ob eine Obhutsschadenversicherung zusätzlich abgeschlossen werden soll, der Beitrag kann (und sollte) dann von dem Einsteller durch die erhöhte Pferdepensionsvergütung getragen werden.

Gehen die Werte der eingestellten Pferde deutlich über die versicherbaren Summen hinaus, ist eine je Pferdewert steigende Pensionsvergütung denkbar. In jedem Fall sollte der Pferdepensionsbetrieb vom Pferdeeinsteller den Pferdewert handschriftlich vermerken lassen!

Für den Betrieb ist durch die Inobhutnahme eines Pferdes ein hohes wirtschaftliches Risiko zu verzeichnen. Dieses Risiko steigt mit dem Wert der eingestellten Pferde. Übernimmt der Betrieb umfangreiche Pflege-/Dienstleistungen steigt sein Haftungsrisiko. Insofern bleibt diesem Betrieb gar keine andere Wahl als das Risiko in die Kalkulation seines Pensionspreises mitaufzunehmen und Rückstellungen zu bilden.

Jennifer Stoll
Rechtsanwältin

Artikel in der Reiterrevue Rechtsanwältin Jennifer Stoll

Herausgabe von tierärztlichen Behandlungsunterlagen des Pferdeeigentümers, der nicht Auftraggeber der tieräztlichen Behandlung war

Ihr gutes Recht in der Praxis…

Kurz nach der Übergabe eines bei einem Händler gekauften Pferdes hegt der wegen eines akuten Hustens beauftragte Tierarzt des Käufers den Verdacht einer chronischen Bronchitis. Der Käufer zeigt diesen Verdacht dem Verkäufer an.

Der Verkäufer lässt das Pferd im Rahmen der Nacherfüllung des Kaufvertrages mittels einer Spedition abholen, um es in einer Pferdeklinik untersuchen zu lassen. Nach zwei Tagen wird das Pferd zurückgebracht, der Verkäufer teilt mit, der Befund habe keinen Krankheitswert und wünscht viel Spaß mit dem erworbenen Pferd.

Auch nach mehrfacher schriftlicher Aufforderung des Pferdekäufers, gibt der Verkäufer weder Diagnose noch Untersuchungsprotokoll heraus.

Der Verkäufer ist der Ansicht, er müsse das Untersuchungsprotokoll nicht vorlegen.

Die Pferdeklinik weigert sich ebenfalls, die Behandlungsunterlagen herauszugeben und beruft sich auf Ihre Schweigepflicht gegenüber ihrem Auftraggeber.

Das Problem:

Während der Verkäufer des Pferdes jetzt weiß, was mit dem Pferd los ist, weiß der Käufer nichts. Er hat nur den Verdacht seines Tierarztes.

Der Verkäufer weiß, ob das Pferd an einer chronischen Bronchitis leidet oder nicht und er kennt auch die Ausprägung der Erkrankung und weiß, ob das Pferd einen kaufrechtlichen Sachmangel aufweist, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Der Verkäufer will die Diagnose der Pferdeklinik nicht herausrücken, weil er weiß, der Käufer trägt im Streitfall die Beweislast für das Vorliegen eines Sachmangels und nicht er.

Die Pferdeklinik hält sich alleine an ihren Auftraggeber, bei Aufnahme vom Pferd fragt diese nicht danach, wer Eigentümer oder Halter des Pferdes ist. Dokumentiert wird lediglich der Einlieferer des Pferdes als Auftraggeber der tierärztlichen Untersuchung.

Zwar steht dem Käufer ein Anspruch auf Vorlage des Untersuchungsprotokolls gegen den Verkäufer (aus §§ 433, 439, 241 II BGB) zur Seite, aber es dauert seine Zeit, diesen durchzusetzen.

Weil es in dem Fallbeispiel darum geht, die Entscheidung zu treffen, ob der Pferdekaufvertrag wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes rückabgewickelt werden soll, bringt dieser Anspruch den Käufer in der Praxis zunächst nicht weiter.

Es hilft also unserem Käufer im Zweifel alles nichts, er muss auf seine Kosten das Pferd erneut der gleichen Untersuchung unterziehen, wenn der Verkäufer sich hartnäckig weigert, das Untersuchungsergebnis herauszugeben.
Als Eigentümer des untersuchten Pferdes hat der Pferdekäufer auch einen Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsdokumentation (aus § 810 BGB) gegen die Pferdeklinik. Aber was tun, wenn diese sich hartnäckig weigert?

Auch hier bleibt im Zweifel nur eine Klage oder ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz. Das ist für den Pferdeeigentümer natürlich höchst ärgerlich…

Praxistipp:

Soll im Rahmen der Nacherfüllung eines Kaufvertrages ihr Pferd tierärztlich untersucht werden oder gar in eine Pferdeklinik verbracht werden, ist es für Sie als Käufer ratsam, dabeizubleiben und in jedem Fall gegenüber den Tierärzten zu dokumentieren, dass Sie Eigentümer des untersuchten Pferdes sind.

Ein Untersuchungsprotokoll nehmen Sie am besten gleich mit.

Jennifer Stoll
Rechtsanwältin

Artikel in der Reiterrevue Rechtsanwältin Jennifer Stoll

Vortrag Pferdekaufrecht des Kreispferdesportverbandes Aachen am 16.01.2012 um 19:00 Uhr im Casino des RC Dürwiss

Eingeladen sind alle Mitglieder des KV Aachen. Der Vortrag findet am 16.01.2012 um 19:00 Uhr im Casino des RC Dürwiss; Eschweiler, Grünstr. 119a statt. Aufgrund des Platzangebots ist die Teilnehmerzahl auf 50 begrenzt. Die Berücksichtigung erfolgt nach der Zeit der Anmeldung. Diese ist bitte an: info@kv-Aachen.de bis zum 08.01.2012 zu richten.

Themenübersicht:

– Pferdekaufverträge

– wann ist ein Verkäufer Unternehmer im Rechtssinne?

– Sachmangel eines Pferdes und wer trägt die Beweislast?

– Nacherfüllung / Recht zur Ersatzlieferung

– Bedeutung der Pferdepapiere im Pferdehandel

Praxishinweis Pferdekaufvertrag

Auch heute noch werden Pferdekaufverträge häufig mündlich geschlossen, hierbei sind folgende Aspekte für Pferdekäufer und Pferdeverkäufer zu beachten:
Prinzipiell kann jeder Pferdekaufvertrag auch mündlich geschlossen werden. Im Unterschied zum schriftlichen Kaufvertrag existiert keine Urkunde über den Inhalt der Einigung und die Identität der Kaufvertragsparteien. Im Streitfall sind weder Beschaffenheitsvereinbarungen, Haftungsausschlüsse oder sonstige Nebenabreden dokumentiert. Im Zweifel gelten die gesetzlichen Regelungen.
Verkaufen Privatpersonen ein Pferd oder schließen Unternehmer untereinander einen Pferdekaufvertrag, so bietet sich ein schriftlicher Kaufvertragsschluss an. In diesen Fällen finden die gesetzlichen Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs gem. §§ 475 ff BGB keine Anwendung und die Sachmängelhaftung kann vollständig ausgeschlossen werden.
Aus Sicht des Käufers ist es grundsätzlich sinnvoll, die Kaufentscheidung über ein Pferd schriftlich möglichst detailliert zu dokumentieren, wenn er von einem Unternehmer kauft, weil der Käufer andernfalls im Falle einer Mangelhaftigkeit des gekauften Pferdes Gefahr läuft, im Rahmen des Nacherfüllungsrechtes des Pferdeverkäufers, ein anderes, entsprechendes Pferd im Austausch annehmen zu müssen.
Aus Sicht des Verkäufers kann es haftungsbegrenzend sein, die Beschaffenheit des verkauften Pferdes schriftlich zu definieren. Je genauer ein Pferd, dessen Verwendung und dessen wesentliche Eigenschaften im schriftlichen Kaufvertrag beschrieben werden, desto sicherer weiß der Pferdeverkäufer, wann er eine mangelfreie Leistung gem. § 434 I S.1 BGB erbracht hat. Entscheidend ist, dass das Pferd die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Worüber der Pferdeverkäufer vor oder bei Vertragsschluss aufgeklärt hat, kann nicht zur Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages führen, sofern die Aufklärung nachweisbar ist. Üblich und sinnvoll ist es, die gesundheitliche Beschaffenheit des verkauften Pferdes mittels des Ergebnisses einer durchgeführten Kaufuntersuchung festzuschreiben. Dies kann entweder dadurch erfolgen, dass das Ergebnis in den Kaufvertrag ausführlich aufgenommen wird oder durch kurzen Verweis auf das Untersuchungsprotokoll. Hierbei ist es empfehlenswert, Datum der Untersuchung, den Untersuchungsort und den beauftragten Tierarzt im Kaufvertrag aufzuführen und eine Kopie des Untersuchungsprotokolls als Anlage dem Kaufvertrag anzuhängen.
Dies gilt insbesondere für Verkäufer, die gleichzeitig Unternehmer sind. Diese haben praktisch keine andere Möglichkeit als die Beschaffenheitsvereinbarung, um ihre Haftung zu begrenzen. Nicht zielführend sind umfangreiche Haftungsausschlüsse im schriftlichen Kaufvertrag, diese stellen eine unzulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des Verbrauchsgüterkaufs dar und sind damit grundsätzlich unwirksam.
An die Unternehmereigenschaft sind gesetzlich keine hohen Anforderungen gestellt, es gilt jeder als Unternehmer, der regelmäßig Pferde verkauft, hierbei genügt schon eine geringe Anzahl. Er muss dieses nicht gewerbsmäßig und nicht mit wirtschaftlichem Erfolg tun. Pferdeverkäufer sind aus diesem Grund und wegen der Unmöglichkeit der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses teilweise dazu übergegangen, „Strohmänner“ als Privatverkäufer, ihre Pferde unter Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für Mängel verkaufen zu lassen. Dieser Versuch scheitert im Streitfall ebenso an einer unzulässigen Umgehung der Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs.
Aus Käufersicht ist es wesentlich, sich die (Original-)Vollmacht des Pferdeverkäufers vorlegen zu lassen und diese zu den Unterlagen zu nehmen, wenn dieser nicht Eigentümer des zu erwerbenden Pferdes ist. Häufig fallen Eigentum und Besitz am zu verkaufenden Pferd auseinander, verkauft beispielsweise der Ausbilder das Pferd im Auftrag, kann er das Eigentum (trotz Übergabe aller Papiere) nur verschaffen, wenn er vom Pferdeverkäufer hierzu ermächtigt ist.
Es empfiehlt sich grundsätzlich im Zweifel z.B. wenn der Verkäufer nicht im Pferdepass als Besitzer eingetragen ist, bei dem eingetragenen nachzufragen, ob der Verkäufer zum Verkauf des Pferdes berechtigt ist.
Zu den wichtigsten Formalien im schriftlichen Pferdekaufvertrag gehören zunächst also die korrekten Parteibezeichnungen von Käufer, Verkäufer und Stellvertreter unter Angabe der vollständigen Anschrift (und im Zweifel ein Bezug auf die Vollmacht des Verkäufers in der Anlage.) Danach folgt die Bezeichnung des Pferdes in Form der genauen Daten, Alter, Farbe, Abstammung und Lebensnummer / Transponder nebst zugehöriger Eigentumsurkunde, Zuchtbescheinigung und Pferdepass. Dann folgt die Beschreibung des Pferdes in Form einer Beschaffenheitsvereinbarung, hierbei sollten sowohl Käufer als auch Pferdeverkäufer aus der jeweiligen Sicht die entscheidenden Eigenschaften des Pferdes ausführen und auf das Ergebnis der Kaufuntersuchung als gesundheitliche Beschaffenheitsvereinbarung Bezug nehmen.
Jennifer Stoll
Rechtsanwältin
Aachen, 31.10.2011

Nachbarschutz gegen Pferdehaltung

Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 11.05.2011 5K 897/10

Erfolglose Klage eines Nachbarn auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gegen Pferdehaltung auf einem Außenbereichsgrundstück ( § 35 BauGB), das an das im Innenbereich § 34 BauGB liegende Grundstück des Nachbarn grenzt.

Eine erfreuliche Entscheidung für alle Pferdehalter (Tierhalter):

Die Kläger sind Eigentümer eines im Innenbereich mit vorwiegender Wohnbebauung liegenden Grundstücks. Sie forderten von der Gemeinde bauaufsichtsbehördliches Einschreiten u.a. gegen die Pferdehaltung auf einem angrenzenden Außenbereichsgrundstück. Die untere Bauaufsichtsbehörde hatte dies zuvor durch Bescheid abgelehnt.
Das VG stellt in dieser Entscheidung klar, dass es im Verhältnis zu den Klägern unerheblich ist, ob „für die streitgegenständlichen baulichen Anlagen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung nach § 35 BauGB vorliegen, insbesondere ob diese privilegiert sind und ob ihnen öffentliche Belange entgegenstehen.“ Die Beeinträchtigung öffentlicher Belange begründe regelmäßig keine subjektiv öffentlichen Rechte des Nachbarn. Nachbarschützend sei alleine das Gebot der Rücksichtnahme, welches hier nicht verletzt war.

Bei Abwägung im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme führe die objektive Baurechtswidrigkeit des angegriffenen Vorhabens nicht automatisch dazu, dass die Interessen des Bauherrn (Pferdehalter)generell hinter den Interessen des Nachbarn zurückzutreten hätten. Eine schutzwürdige Abwehrposition erlange der Nachbar nicht alleine dadurch, dass „die auf seinem Grundstück verwirklichte Nutzung baurechtlich zulässig, das auf dem anderen Grundstück genehmigte Vorhaben dagegen wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater zu dienen bestimmt sind, unzulässig ist.“

Das Rücksichtnahmegebot gewährleiste einen Ausgleich der Interessen. Die Anforderungen hängen davon ab, was „dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist.“
Im Grenzbereich zwischen Innen- und Außenbereich muss im Rahmen der Rücksichtnahmepflicht in die Abwägung miteingestellt werden, dass bestimmte außenbereichstypische Immissionen auf den angrenzenden Innenbereichsgrundstücken hinzunehmen sind.

Konkrete, erhebliche Immissionen für das Grundstück der Kläger konnte das VG nach den Vorort getroffenen Feststellungen und angesichts der Abstände von ca. 75 m ausschließen.

Bedeutung der Pferdepapiere im Pferdehandel – Zuchtbescheinigung – Eigentumsurkunde – Pferdepass –

Jessica StollAuszug aus workshops zum Pferderecht:
Vater V kauft beim Pferdehändler H am 01.01.2011 eine Pony P für seine Tochter T. Er zahlt den Kaufpreis in Höhe von 6.000 € in bar und erhält daraufhin das Pony und den Pferdepass.

Am 01.08.2011 geht V ein Schreiben des E zu, E verlangt die Herausgabe des Ponys mit der Begründung, P sei sein Eigentum, er habe H das Pony lediglich zum Beritt überlassen, H sei zu keinem Zeitpunkt berechtigt gewesen, das Pony zu verkaufen. In der Anlage des Schreibens reicht E eine Kopie der Eigentumsurkunde von P.

Wie würden Sie entscheiden?

Die Lösung des Falles enthält alle Informationen über die Rechtsnatur der Pferdepapiere, Equidenpass, Zuchtbescheinigung und Eigentumsurkunde. Sie beleuchtet die praxisrelevante Beweisproblematik bezüglich des tatsächlichen Eigentums am Pferd. Weiterhin gibt sie wesentliche Informationen über die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs eines Pferdes vom Nichtberechtigten.

Pferdeeinstellvertrag – Pferdepensionsvertrag

Zwei Entscheidungen zu den einzuhaltenden Kündigungsfristen beim Pferdepensionsvertrag: AG Osnabrück vom 17.06.2009 und AG Grünstadt vom 22.07.2010:

Die beiden Amtsgerichte klassifizieren den Pferdepensionsvertrag abweichend der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte (z.B. Schleswig-Holsteinisches OLG Urteil v. 23.03.2000; Brandenburgisches OLG Urteil v. 28.06.2006; OLG Karlsruhe Urteil v. 02.12.1993), wonach der Pferdepensionsvertrag ein Verwahrungsvertrag gem. §§ 688 ff BGB ist, als typengemischten Vertrag sui generis. Die Abweichung von der überwiegenden Rechtsprechung begründet das AG Grünstadt damit, dass im von ihm zu entscheidenden Fall nicht die Verwahrungs- und Obhutspflichten im Vordergrund stünden. Vielmehr seien im vorliegenden Pferdepensionsvertrag gleichwertig verschiedene Leistungen aus vier Vertragstypen geschuldet.

Der Pferdepensionsvertrag enthält nach dem AG Grünstadt Elemente des:
– Mietvertrags (Vermietung der Box sowie Bereitstellung der Anlageneinrichtung)
– Dienstvertrags (Füttern u.s.w.)
– Verwahrungsvertrags ( Verwahrung und Aufbewahrung, sowie Übernahme der Obhut, Fütterung sowei Lieferung von Einstreu als geschuldete Erhaltungsmaßnahmen)
– Kaufvertrags (Sukzessivlieferung von Heu/Stroh/Futter/Wasser)

Obwohl die vom AG Grünstadt zitierten vertraglichen Elemente aus Dienst- (Werk-) und Kaufvertrag genau die Leistungen sind, die die Rechtsprechung dazu bewegt haben, den Pferdepensionsvertrag als entgeltlichen Verwahrungsvertrag einzustufen, weil eben diese Elemente als Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen des Verwahrungsvertrages angesehen werden, nimmt das AG einen Vertrag sui generis (eigener Art) an und wendet für die Beurteilung der anzuwendenden Kündigungsfristen § 314 BGB i.V.m. den AGB des zu prüfenden Pferdepensionsvertrages an.
Im konkreten Fall bedeutete dies:
§ 4 des Pferdepensionsvertrages regelte die Voraussetzungen des wichtigen Grundes, bei dessen Vorliegen nach § 314 Abs. 1 BGB das Dauerschuldverhältnis außerordentlich gekündigt werden kann. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Das AG deutete die Kündigung somit in eine ordentliche um, für die Beurteilung der damit einzuhaltenden Kündigungsfrist bezieht sich das AG dann aber nicht auf die Regelungen des Pferdepensionsvertrages, wonach bei einer ordentlichen Kündigung eine Frist von drei Monaten einzuhalten war. Diese Regelung hält auch das AG Grünstadt gem. § 307 II Nr.1 BGB für unwirksam, weil diese Klausel zu Lasten der Pferdeeinstellerin von der gesetzlichen Regelung abweiche.
Als gesetzliche Regelung bezüglich der Kündigungsfristen bildete das AG Grünstadt wie schon zuvor das AG Osnabrück einen Mittelwert aus den Kündigungsfristen, der einzelnen Vertragstypen und ermittelte somit eine einzuhaltende Kündigungsfrist von zwei Monaten.
In beiden Fällen mussten die beklagten Pferdeeinsteller nach „außerordentlicher“ Kündigung noch zwei Monate „Stallmiete“ abzüglich eines Anteils für ersparte Aufwendungen von ca. 1/3 der vereinbarten Vergütung zahlen.

Fazit: Trotz einheitlicher Rechtsprechung zeigen diese beiden Entscheidungen, dass für die Beurteilung der Rechtsnatur des Pferdepensionsvertrages und damit verbunden vertragliche Pflichten und Kündigungsfristen grundsätzlich der Einzelfall entscheidet.

Die Argumentation des AG Grünstadt ist nicht überzeugend, denn diese Auffassung zugrundegelegt, wären diejenigen Kündigungsfristen des Vertragstyps einzuhalten, dessen Leistung betroffen ist. Ein Rückgriff auf die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts ist nicht notwendig.

Trotz gegenteiliger Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte ist die Entwicklung der Rechtsprechung diesbezüglich zu beobachten.

Grundsätzlich ist die Klassifikation des Pferdepensionsvertrages als Vertrag sui generis zu begrüßen und bei der Gestaltung der AGB von Pferdeeinstellverträgen zu berücksichtigen.